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Die Stadt in einem anderen Licht

Feb 2023 | Meisterbrief

Seit Herbst letzten Jahres setzen wir uns mit Pinhole-Kameras auseinander. Was ist das denn nun wieder? Ein anderer Begriff dafür ist beispielsweise „Nadelloch-Kamera“. Mit solchen entstehen einzigartige Fotografien mit unvorhersehbaren Ergebnissen. Um es mit den Worten von Herrn Professor Taschler auszudrücken, ist man im Laufe des Prozesses ziemlich ahnungslos – fast schon blind, da man die Bilder nämlich erst in der Dunkelkammer das erste Mal erblicken kann.

Um Fotos mit solch einer Kamera machen zu können, kann man sie tatsächlich ganz einfach selbst bauen! Dazu haben wir alle fleißig Tetrapak-Kartons gesammelt, denn diese eignen sich wunderbar als Korpus für den Apparat. Mit diesen Schachteln, schwarzer Acrylfarbe, Tape, einer Mini-Nadel, einem kleinen Blech und etwas Schmirgelpapier hat man eigentlich schon so ziemlich alle für die Lochkamera benötigten Einzelteile. Wichtig beim Basteln ist, dass der kleine Apparat im geschlossenen Zustand später komplett lichtdicht bleibt. Es soll um jeden Preis eine ungewollte Belichtung des in der Dunkelkammer eingelegten Fotopapiers verhindert werden. Deswegen beklebt man das Loch, solange man das Papier nicht belichten möchte, mit etwas schwarzem Tape.

Nach dem Werkeln haben wir zusammen mit Herrn Taschler und Herrn Schwab die Kameras in der Dunkelkammer der Schule mit schwarz-weißem Fotopapier beladen. Von da an liegt der Erfolg der Ergebnisse an uns. Jedes Team hat einen anderen „Un-Ort“ in Linz und Umgebung als Motiv gewählt, um dort das Treiben (oder auch Nicht-Treiben) des Ortes mit den kleinen Wunderschachteln einzufangen.

Zum besseren Verständnis der Lichtverhältnisse gibt es sowohl die analoge Berechnungsmöglichkeit des „Pinhole Exposure Calculato rs“ als auch eine digitale Weise mithilfe von Smartphone-Apps. Damit können wir durch Angabe des ISO-Werts, der Blende und den Wetterumständen die ungefähr benötigte Belichtungszeit errechnen lassen. Bei den meisten von uns sind das zurzeit oft Zeitspannen von 10 bis 30 Minuten, in denen die Kamera jeweils möglichst still an einem Platz kleben bleiben muss – liegt hauptsächlich an den trüben winterlichen Lichtverhältnissen in diesen Breitengraden…

Die ersten Ergebnisse sind zugegebenermaßen extrem cool! Mittels Caffenol-C-Entwickler (eine interessante Mischung aus Kaffee, Vitamin C und Waschsoda) kommen so die geheimnisvollen Motive zum Vorschein – mehr oder weniger gut sichtbar. Nachdem man das Fotopapier eingescannt, digital umgekehrt und gespiegelt hat, kann man immer mehr Details im Foto erkennen. Hier ein paar Beispiele aus einem Team, welches sich auf Linzer Flohmärkte spezialisiert hat. Das Projekt läuft im Moment noch weiter, ein paar Teams befüllen zum Beispiel nun schon zum vierten Mal ihre Kameras und experimentieren immer weiter – solang es die gebastelten Schachteln zulassen und nicht unter dem ständigen Aufreißen und wieder Zukleben zugrunde gehen. Mal sehen, welche Motive uns der (hoffentlich sonnigere) Frühling bringt! ☀️


Anastasia Litwinow, Cathrine Niebuhr