Die diesjährigen Fotoprojekte stehen ganz im Zeichen der „Kunst der Störung“. Wir nähern uns einem spannenden Konzept, das Störungen nicht als Problem, sondern als kreative Gelegenheit betrachtet. Eine Störung unterbricht den geplanten Ablauf, schafft Raum für ungeplante Veränderungen und bietet die Möglichkeit, etwas völlig Neues entstehen zu lassen. Diese temporären Abweichungen sind flüchtig, doch durch Fotografie lassen sie sich einfangen und reflektieren. Zugleich hinterfragen wir das Medium der Darstellung selbst – eine Herausforderung, die uns in beiden Projektteilen, Photokitchen und Photowalk, intensiv beschäftigt hat.
Photokitchen
Um uns auf das Thema einzustimmen und unser Team besser kennenzulernen, starteten wir mit einem experimentellen Workshop. Unser Ziel war es, einen natürlichen Filmentwickler selbst herzustellen.
Unsere erste Aufgabe bestand darin, die Zutaten für diesen Entwickler zu beschaffen. Dazu recherchierten wir, welche Gemüsearten Phenol enthalten, eine Substanz, die essenziell für unseren Entwickler war. Also haben wir uns prompt ein Rezept für ein Curry herausgesucht, in welchem wir viel davon verkochen können.
Einen ganzen Vormittag haben wir mit waschen, schnippeln und vor allem fotografieren verbracht. So entstanden neben den Analogfotos auch noch reichlich Making-Off Fotos und ein Video. Unsere ganze Arbeit wurde natürlich mit dem fertigen Curry belohnt.
Ein paar Tage später wurde dann auch der Fotosud aus Karottenschalen, Brokkoliresten und sehr viel Petersilie gekocht. Unsere Küche wurde dazu für kurze Zeit zum Chemielabor, in welchem der Entwickler erstellt wurde. (Anleitung: https://www.artsoftheworkingclass.org/text/bringing-the-garden-into-the-darkroom, https://yumyumsoups.wordpress.com/)
Natürlich durfte uns auch das Entwickeln nicht zu leicht gemacht werden. Mit dem Motto „No Risk no Fun“ starteten wir schließlich den Prozess. Mit dem Self-Made-Entwickler konnte man im Vorhinein also nicht perfekt abschätzen, wie lange man entwickeln muss. Also haben wir kurzerhand die „perfekte“ Dauer abgeschätzt und auf das beste gehofft. Dies ist uns leider etwas auf den Kopf gefallen da die Fotos dadurch sehr dunkel wurden.
Jedoch konnte durch das Digitalisieren der Bilder noch einiges herausgeholt werden und es war nicht alles komplett verloren.
Photowalk
Nach der Photokitchen ging es hinaus in die Stadt für zwei Photowalks, bei denen wir uns ebenfalls auf analoge Fotografie konzentrierten. Die Spaziergänge standen jeweils unter einem eigenen Thema, das uns als Leitfaden diente.
Mit verschiedenen Zielen machten wir uns an zwei Mittwochen auf den Weg, um die städtische Kulisse nach unseren Themen zu durchforsten. Den ersten Mittwoch haben wir mit dem Thema Spiegelungen verbracht. Alles, was spiegelt und reflektiert wurde somit von uns abgelichtet. Das Endziel war hier ein ganz besonderer Spiegel, und zwar der im Klo des Offenen Kulturhauses. Jedoch wurde wirklich alles, was unser Interesse weckte als Motiv mitgenommen.
Beim zweiten Photowalk lag der Fokus auf der Doppelbelichtung, einer faszinierenden Technik, die Bildmotive kunstvoll überlagert. Die größte Herausforderung war, bei der analogen Kamera, ohne die Rückspul-Funktion der elektronischen Modelle eine präzise Überlagerung zu erreichen. Dies war mit den automatischen Kameras viel einfacher da hier die Überlagerungen genau sind. Diesen Luxus hat man jedoch nicht für die mechanischen Analogkameras. Hier haben wir versucht uns noch vor dem Fotografieren mit Maskierungen auszuhelfen. Jedoch waren selbst dann die Fotos teils verschoben.
Insgesamt sind aus beiden Projekten zahlreiche spannende und vielseitige Ergebnisse entstanden. Trotz kleiner Hürden führte gerade das Unvorhersehbare zu einzigartigen Aufnahmen, die perfekt zum Thema „Störung“ passen.
Credits:
Bilder: Christina Jur, Elena Dirisamer, Hanna Reisinger, Lea Böttinger, Timon Virag, Martin Gerlinger, Tobias Kienast, Lazarina Nikolova, Ingrid Wagner
Text: Lea Böttinger, Clara Sageder