Das Fenster zum Garten

Die letzten Monate begleitete uns ein besonderer Anblick: Die Aussicht durch das Fenster zum Garten. Das Fenster, eine mit Sonnenlicht durchflutete, gläserne Öffnung und der Garten, eine üppige Landschaft, die nach dem Abbild des Garten Eden strebt und als wahr gewordenes Paradies einlädt, sich in ihr zu verlieren. Nun ja, nicht ganz. Als der Kopf am Tisch aufkommt und das Licht durch den Bildschirm wieder in die zusammengekniffenen Augen knallt, blickt man wieder in ein Fenster, doch nun ist es die Pixeldarstellung eines Schaukastens. Dieser soll in Zukunft, in der ebenso schönen Puchenau, im gleichen Maße wie jenes Fenster im Traum erstrahlen.

Seit dem Herbst arbeiten wir mit der Gartenstadt Puchenau sowie der Neuen Heimat zusammen, um für zwei neue Schaukästen in der Gemeinde eine entsprechende Gestaltung umzusetzen. Mit der Installation soll das Konzept hinter der Gartenstadt, die Geschichte und das Schaffen des Architekten, sowohl für AnrainerInnen als auch interessierte BesucherInnen vermittelt und näher beleuchtet werden. Zu diesem Zweck machten wir uns zunächst bei einem Besuch vor Ort ein Bild von der Ausgangslage.

Einblicke statt Ausblicke

Bereits bei der Anreise Anfang Oktober zeigte sich, wie gut die Gartenstadt an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden ist und auch die Mobilität ohne Autos unterstützt. Von der Neuen Heimat briefte uns Mag. Florian Spielbüchler hinsichtlich der Vorraussetzungen, ehe uns Altbürgermeister Wolfgang Haderer bei einem Rundgang noch umfassend in das Konzept der Gartenstadt einführte.

Die Schaukästen in der Gartenstadt Puchenau

Der Gedanke einer Gartenstadt

Als Reaktion auf die Wohnumstände in den Städten der westlichen Industrienationen, stellte Ebenezer Howard 1898 erstmals die Idee einer Gartenstadt vor. Dabei handelt es sich um ein Leitbild, welches die Großstadt, durch neue städtische Siedlungen in ihrem Umkreis, entlasten soll. Das Konzept hat dabei das grundlegende Ziel, die Anziehungspunkte eines Lebens in der Stadt, mit den Vorzügen des Lebens auf dem Land zu kombinieren.

Formell wird im Gartenstadt-Gedanken eine von Grünflächen durchzogene und aufgelockerte Siedlungsstruktur angedacht, in der wichtige Funktionen räumlich getrennt sind. Neben einem umlaufenden Grüngürtel, soll diese zudem mit ausreichend Arbeitsplätzen und Versorgungseinrichtungen ausgestattet sein.
Eine Neuheit war damals, dass die Gartenstadt in gemeinschaftlichem Eigentum bleiben und der Grund an Bewohner in Erbpacht vergeben werden sollte.

Gartenstadt Puchenau

1962 beauftragte die gemeinnützige Wohnbaugesellschaft Neue Heimat den Architekten Roland Rainer mit der Planung einer Siedlung, die im Gemeindegebiet von Puchenau als Pilotprojekt realisiert werden sollte. Der Entwurf wurde als Gegensatz zu den auf Quantität und Massenwohnbau ausgerichteten städtischen Wohnhäusern kreiert, mit Fokus auf Wohnqualität sowie Naturnähe und in Anlehnung an den Gartenstadt-Gedanken. Architektonisch wurde die Gartenstadt Puchenau als verdichteter Flachbau umgesetzt, wobei in der Planungsphase auch eine Mitbestimmung durch die BewerberInnen möglich war.

Von 1966 bis 1969 entstand Puchenau 1 mit 235 Wohneinheiten und 1978 Puchenau 2 mit 760 Einheiten. Ausgerichtet an einer optimalen sozialen und ökonomischen Umsetzung wurde die Energieversorgung durch Solaranlagen und Warmwasseraufbereitung durch Sonnenkollektoren realisiert. Die Anlage wird vorwiegend durch befestigte Fußwege erschloßen und Autoabstellplätze befinden sich unter anderem in einer Tiefgarage. Durch das Wohnprojekt wurde ein gehobener Mittelstand angesprochen und die Bewohner/innen zählen bis heute einen hohen Anteil an Akademiker/innen.

Roland Rainer

Der Architekt war überzeugter Vertreter der Gartenstadt-Idee und des ebenerdigen Wohnens im Einfamilienhaus. 1910 wurde er in Klagenfurt geboren und studierte nach seinem Entschluss, Architekt zu werden, unter anderem an der Technischen Hochschule in Wien. Sein Wirken wird in der Zeit des Nationalsozialismus von einer Mitgliedschaft in der NSDAP überschattet.
Neben der Gartenstadt Puchenau realisierte er unter anderem auch das ORF-Zentrum am Küniglberg. Eines seiner bedeutendsten Werke bis heute ist die Wiener Stadthalle, welche er 1958 entwarf.

Entwürfe

Zur Gestaltung der Schaukästen fanden sich Teams aus jeweils zwei bis drei Studierende, die sich mit dem Thema auseinandersetzten. Während der Kern der Gestaltung die Aufbereitung der Informationen für ein angenehmes und einfaches Lesen war, greifen einige Layouts auch grafisch die Entstehungszeit auf und andere wiederum arbeiten besonders mit der Tiefe des Schaukastens, um die Aufmerksamkeit der Betrachter/innen aufzufangen und zu lenken.

Nach vielen Monaten an intensiver Auseinandersetzung und einem klasseninternen Pitch, gingen wir Mitte Februar mit vier Entwürfen in die finale KundInnenpräsentation, deren Entscheidung nun gespannt erwartet wird.

Beitrag von Pascal Stütz

Entwurf von Marie Gollhofer und Jessica Kandler

Entwurf Daniela Gruber, Katharina-Victoria Schimps und Isabel Schulz

Entwurf von Diana Wohlfahrt und Viktoria Wagner

Entwurf von Paul Neuburger, Emma Statnik und Pascal Stütz

mAkE tHe LoGO bIGgEr

Vorsicht! Der nachfolgende Text kann Spuren von Sarkasmus enthalten.
Bitte nicht allzu ernst nehmen, wir GrafikerInnen sind auch nur Menschen.

Hello and welcome…
… bei dem Job, bei dem plötzlich jeder ein Wörtchen mitzureden hat und zum/zur MarketingexpertIn mutiert.
… bei dem Job, bei dem man zwischen dem eigenem ästhetischen Interesse und der hochachtungsvoll geschätzten Meinung der KundInnen entscheiden muss.
… bei dem Job, bei dem das Logo immer noch ein Stückchen größer gemacht werden sollte.

Das Verhältnis zwischen KundIn und GrafikerIn ist nicht immer ganz einfach. So manch wiederkehrendes Feedback verfolgt den/die DesignerIn wie ein Fluch. Von »Fürs Zeichnen muss ich dich bezahlen?« über Comic Sans und Times New Roman bis hin zu Fotos, deren Auflösung verrät, dass sie vermutlich mit einem Toaster geschossen wurden. Die KundInnen erfüllen in der Regel sämtliche Klischees.
Jede Mail hat doch schon mal begonnen mit: »Mir gefällt das Design schon wirklich gut, aber…«

»Meine Frau hat schon einmal etwas vorbereitet…«

Festhalten! Hier kommt bereits etwas Großes auf den/die GrafikerIn zu. Der Grund wieso so viele DesignerInnen eine Brille tragen? Bei starker Verzweiflung kann diese einfach abgenommen werden und – et voilà – die Realität verschwimmt, genauso wie die verlaufenden Regenbogenfarben der Comic Sans Geburtstagseinladung mit vorgefertigter Microsoft Word 3D-Schattierung. Rund um die 20×20 Pixel großen Geburtstagstorten-Illustration von »pngtree« leuchtet ein knallbunter, verzierter Rahmen und verleiht somit dem Wasserzeichen auf dem Bild noch das gewisse Etwas. Ist es nicht erstaunlich, wie solch individuelle Meisterwerke entstehen? Gutes Design ist doch immer auch ein bisschen dem Zufall überlassen.

»Mir gefällt das Design schon wirklich gut, aber…«

Nachdem sich der/die KundIn schweren Herzens von Schatzis Entwurf trennen konnte, ist nun noch mehr Überzeugungskraft gefragt. Die wirklich kritische Phase beginnt bereits mit dem Absenden der ersten Entwürfe. Es kostet so manche/n DesignerIn einiges an Mut, die Antwortmail zu öffnen, ohne von folgenden Worten direkt erschlagen zu werden: »Können wir die drei Entwürfe nicht irgendwie mischen?« Als wäre dieser Satz nicht schon schlimm genug, darf der/die GrafikerIn nun auch auf Änderungswünsche und Designvorschläge eingehen. Man mag es kaum glauben, aber Pastelltöne wirken oftmals blass, die Frage: »Wie wärs mit etwas mehr Rot?« Liegt also nicht so fern. Wünsche, wie die Lauftextschrift der A5 Einladung doch bitte auf 20pt zu skalieren, kann der Designer manchmal noch gekonnt und mit maximaler Höflichkeit abweisen – das Logo muss jedoch noch etwas größer gemacht werden und daran führt auch kein Weg vorbei.

»Das sieht doch gleich viel besser aus, oder?«

An diesem Punkt der Zusammenarbeit werden die Nerven der DesignerInnen noch ein letztes Mal auf die Probe gestellt. Die Würfel sind bereits gefallen, die Änderungen wurden vollbracht. Dem/der KundIn jedoch die ehrliche Meinung zum Design zu sagen? Schwierig. Noch schwieriger wird es, wenn sich der/die GrafikerIn wegen teilweise fehlender Wertschätzung der geleisteten Arbeit vor den KundInnen beweisen muss. Nein, ich muss euch leider enttäuschen, Photoshop hat nicht mit dem bekannten »Make Design« Button die ganze Arbeit von allein und ohne fremdes Zutun erledigt. Das Projekt ist endlich abgeschlossen und… Ahja, da war doch noch was. Es ist aber auch nur eine ganz, ganz kleine Änderung… Und diesmal auch wirklich die letzte…

Ein kleiner Tipp für die GrafikerInnen unter euch… Präsentiert niemals einen Entwurf, von dem ihr nicht selbst überzeugt seid oder an welchem ihr nicht mehr weiterarbeiten möchtet. Die meisten KundInnen besitzen einen sechsten Sinn, mit dem ihre Wahl immer (ich wiederhole, immer) auf genau dieses Design fallen wird. Denn wie bereits Albus Dumbledore einmal sagte: „Das ist das Problem: Die Menschen haben den Hang, genau das zu wählen, was am schlechtesten für sie ist.“

Text von Iris Wiesner und Melanie Reisenberger

Das bekommen wir Gin.

Zwar kein/e wirkliche/r KundIn, aber ein einzigartiges Realprojekt bietet uns Studierenden der Meisterklasse die Möglichkeit, verschiedenste Packagingdesigns für Gin zu gestalten. Der wohlriechende Wacholderschnaps mit unverwechselbarem Aroma ist unverzichtbarer Bestandteil verschiedener Cocktail- und Longdrink-Rezepturen, wie etwa dem beliebten Negroni oder dem klassischen Gin-Tonic. Und auch James Bond verfällt den Reizen dieses verführerischen Tropfens.

Der Wettbewerb

Der European-Lable-Award des Verpackungsproduzenten Etivera findet dieses Jahr unter dem Titel »be original« statt und prämiert die kreativsten Ideen für ein Gin-Etikett. Durch die vielfältigen Produktionsmöglichkeiten des Unternehmens werden den Entwürfen auch in der späteren Produktion kaum Grenzen gesetzt: Die SchülerInnen können auf bis zu sieben Farben, auf Materialien wie Papier, Kunststoff oder Metallfolien und verschiedenste Veredelungsmöglichkeiten wie Heißfolienprägung, Laminierung, Siebdruck oder Reliefprägung zugreifen. Den der Gin soll vor allem eines: Sich an der Bar abheben.

Hier finden sich vier vorläufige Entwürfe der einfallsreichen Etiketten, welche die Studierenden der Meisterklasse ins Rennen schicken:

Der Knallige

Auf moderne Typographie, eine individuelle Stanzung und beeindruckende Schmuckfarben setzt Paul Neuburger mit seinem Entwurf »Beachy Head«, welcher den Spitznamen der hellweißen Kreidefelsen im englischen Dover aufgreift – dem Land, aus dem die Spiritouse stammt. Die Landschaft der Küste Großbritanniens wird abstrahiert und bildet einen angenehmen Kontrast zur Illustration eines Wacholderzweiges. Sogar der Inhalt der Flasche interagiert mit dem Etikett – und gibt den BetrachterInnen viel zu entdecken.

Der Knallige von Paul Neuburger

Der Klare

Der Entwurf von Marlene Gahleitner basiert auf der reduzierten Illustration eines Stilllebens, dass mit einem alten Mythos der Gin-Produktion spielt: Vor allem zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde insbesondere zu Zeiten der Prohibition in den USA im Badezimmer des Eigenheims Gin gebraut – der Bathhub Gin. Dieser geschichtsträchtige Hintergrund geht eine Symbiose mit den klaren Linien und satten Farben der modernen Vektorgrafik ein. Ein Entwurf, der mit allen Wassern gewaschen ist.

Der Klare von Marlene Gahleitner

Der Klassische

Einen klassischeren Ansatz für die Gestaltung des Gin-Etiketts wählte Lena Neubauer, deren serifenlose Linear-Antiqua durch die transparente Folie so wirkt, als ob sie direkt auf die Glasflasche gedruckt wäre. Die kontrastreichen Farben und die abstrahierten Wacholderzweige spielen mit dem farblosen, reflektierenden Gin, der sich in der Flasche befindet. Dieser Entwurf ist klar, reduziert und einzigartig – und erfüllt damit die Ansprüche an eine moderne, aber auch klassische Ästhetik.

Der Klassische von Lena Neubauer

Der Künstlerische

Für einen völlig anderen Ansatz entschied sich Victoria Hainz, welche zu Beginn sogar mit der Idee spielte, für die Illustration den Stil eines Ölgemäldes aufzugreifen. Die verspielten Skizzen werden nun im modernem Flat-Design in sommerlichen Orange- und Rottönen umgesetzt und verleihen damit der Komposition aus Sonnenuntergang, Urlaubsflair und bunten Vögeln noch mehr Ausdruck. Der Entwurf »Waterloo Sunset« wird mit Heißfolienprägungen veredelt und abgerundet.

Der Künstlerische von Victoria Hainz

Bis zur Einreichfrist werden diese Entwürfe noch feingeschliffen und perfektioniert – und vielleicht noch an dem einen oder anderen Gin zu Recherche- und Inspirationszwecken genippt. Cheers!

Text von Madlen Dorfner